Zwei-Grad-Ziel und Strategieanalyse für europäische Kohlekraft-Investoren
In diesem Bericht beschäftigen wir uns mit einem Szenario für die 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union (kurz: EU-28), in dem die globale Erderwärmung unter 2°C gehalten wird und das sich möglicherweise auf die Bewertung von Kohlekraftwerken auswirkt. Das Szenario der IEA, das mit dem Pariser Abkommen (dem sog. „Zwei-Grad- Ziel“) konform geht, ist die Grundlage für die Forderung, unter einer Erwärmung von 2°C zu bleiben und den Ausstieg der EU aus der Kohleenergie bis 2030 zu bewerkstelligen. Wir haben ein Asset-Modell entwickelt, mit dem wir einen Auslaufplan für die Kohle festlegen und verstehen können, welche finanziellen Auswirkungen dies für Investoren haben wird. Diese Analyse baut auf unserem letzten Bericht namens „No Country for Coal Gen“ auf, der sich auf die Kohleenergie in den USA konzentrierte.
Key Findings
Vom Himmel zur Hölle
Die europäischen Energieversorgungsunternehmen waren einst die Lieblinge der Investoren. Von 2000 bis 2010 haben die Energieversorgungsunternehmen um mehr als 60 % besser als der Markt (Stoxx 600) abgeschnitten, da Investoren für Stabilität und sichere Einnahmen auf den Energiesektor setzten. Das folgende Jahrzehnt war von einem alarmierenden Rückgang geprägt: Von 2010 bis 2016 stieg der Stoxx 600 um 40 % an, während die Energieversorgungsunternehmen etwa 20 % ihres Wertes verloren. Überinvestitionen und die ehlinterpretation von politischen Entwicklungen, Technologien und Geschäftsmodellveränderungen haben sich negativ auf die Leistung ausgewirkt. Investoren sprangen ab und Ratingagenturen stuften die Unternehmen herab. Die Energieversorger reagierten darauf, indem Sie Fehler eingestanden und ihre Unternehmen umstrukturierten.
Es wurden Fehler gemacht, Lektionen vergessen
„Ich gebe zu, dass wir Fehler gemacht haben. Wir sind spät in den Markt der erneuerbaren Energien eingestiegen – wahrscheinlich zu spät.“
Peter Terium, Vorstandsvorsitzender von RWE, 2014
Obwohl viele Energieversorgungsunternehmen bereits die finanziellen Folgen ihres verpassten Einstiegs in die kohlenstoffarme Wirtschaft
zu spüren bekommen, besteht weiterhin der Glaube, dass die Kohleverbrennung auch zukünftig eine wichtige Rolle im Versorgungsmix der EU spielen wird. Laut Unternehmensberichten, einschließlich der Auslaufrichtlinien der Mitgliedsstaaten, ist für nur 27 % der aktiven Kohlekraftwerke die Schließung vor dem Jahr 2030 geplant. Unseres Erachtens beruht dieser Glaube auf einer Reihe veralteter und irreführender Annahmen über die Wirtschaftlichkeit von Kohle, die Konkurrenzfähigkeit der Alternativen und Bedenken in Hinblick auf Lieferengpässe.
Kohle – mehr tot als lebendig
Das Vertrauen in Versorgungsunternehmen, die ihren Strom überwiegend durch Kohlekraftwerke produzieren, kehrt zurück, da Geschäftsumstrukturierungen, Gerichtsentscheidungen und Energiepreise die Bilanzen nach Jahren riesiger Einbußen wieder ankurbeln. Beispielsweise stiegen die Aktienkurse von RWE und Uniper in der Zeit, in der dieser Bericht im Jahr 2017 verfasst wurde, um 64 % bzw. 79 %. Wir kommen jedoch zu dem Schluss, dass fallende Preise für erneuerbare Energien, Vorschriften zur Luftreinhaltung und ansteigende Kohlepreise auch weiterhin die Wirtschaftlichkeit der Kohleenergie in der EU untergraben und Energiegewinnungsanlagen bis zum Jahr 2030
unter Umständen unbrauchbar machen werden.