Erstveröffentlichung in BusinessGreen

Beim Treffen der Top-Finanzexperten aus aller Welt anläßlich des International Climate Finance Day wird am Freitag ein Kernthema behandelt: Wie man Privatkapital von „braunen“ Investitionen, Investitionen in fossile Brennstoffe, abziehen kann. Dieses Thema wird von uns als jenes betrachtet, das sich niemand wirklich anzusprechen traut.

Um für eine mutige Wende hin zu einer emissionsarmen Wirtschaft den Boden zu bereiten und gleiche Bedingungen für alle Akteure zu schaffen, müssen Finanzmärkte das Klimarisiko und die „wahren“ Kosten der Investitionen in fossile Brennstoffe mit dem richtigen Preisschild versehen.

Noch pumpen Unternehmen Geld in kosten- und CO2-intensive Projekte, weil die Risiken im strategischen Entscheidungsfindungsprozess, der im Großen und Ganzen undurchsichtig bleibt, nicht vollständig berücksichtigt werden.

Bei Carbon Tracker haben wir den Begriff der „Risikoprämie für fossile Brennstoffe“ geprägt, um den strukturellen Fehler zu verdeutlichen und den Märkten und Investoren die Rote Fahne zu zeigen. Und das Risiko erhöht sich, je mehr Unternehmen trotz der Volatilität der Rohstoffpreise in immer kostspieligere Projekte investieren, obwohl vermehrt gesetzliche Regelungen zum Klimaschutz verabschiedet werden, Fluktuationen bei der Nachfrage auftreten und die Kosten für saubere Energie rasch sinken.

Mit unseren finanziellen Analysen, hauptsächlich durch unsere Studien zum Thema „Kostenkurven der Kohlenstoffversorgung“, haben wir Unternehmen und Investoren die Gefahren der Forcierung von Projekten aufgezeigt, die, um einen angemessenen Ertrag zu erzielen, von hohen Preisen abhängen, und andernfalls, in einer vom Klimaschutz bestimmten Welt, verlorengehen.

Viele der kostenintensiven Projekte, die wir hervorgehoben haben – Ölsande, Förderung in arktischen Gewässern und in der Tiefsee, Kohle -, sind auch CO2-intensiv und stellen darum jetzt ein bedeutendes finanzielles Risiko dar.

Betrachten wir die Ölprojekte, sehen wir, dass viele, selbst wenn die Kohlenwasserstoffe kostengünstig oder nahezu umsonst gefördert werden können, einen hohen Ölpreis benötigen um für Investoren attraktiv zu sein.

Unsere Analyse hat gezeigt, dass diese Situation im nächsten Jahrzehnt selbst bei derzeitigen Richtlinien mehr als eine Billion USD an Kapital gefährden könnte, nachdem steigende Investitionen von einem perfekten Sturm an Emissionsbeschränkungen, Effizienzgewinnen und technischem Fortschritt getroffen werden und sich das Wachstum in China auf die Nachfrage niederschlägt.

Dies könnte wiederum Gemeinschaften und Unternehmen einer überflüssigen Erhöhung der Energiekosten aussetzen. Wir nennen diese Projekte, die „dreckigen Billionen“-Projekte, die einen Barrelpreis von 95 $ benötigen, um eine zufriedenstellende Rendite zu erzielen.

In unserem Bericht „Kostenkurven der Kohlenstoffversorgung“ vom Mai 2014 stellten wir fest, dass die potenziellen Ausgaben für kostenintensive Projekte bis 2050 dramatisch, auf mehr als 20 Billionen $ steigen könnten, wenn die Entwicklung dieser kostenintensiven Projekte und die Suche nach noch mehr Kohlenwasserstoffen, um die Reserven zu ergänzen, unkontrolliert weitergeht.

Bei der jüngsten Volatilität der Ölmärkte und der starken Beschneidung der Investitionsbudgets der Ölfirmen kommt unsere Warnung rechtzeitig.

Die Risikoprämie, die wir propagieren, ist für Kohle ebenso gültig. Der Exportmarkt für Kohle ist weiterhin sehr schwach, die australischen Preise haben vor kurzem ein Sechs-Jahres-Tief erreicht. Der Kollaps war von jener Art, dass Investoren sich eine grundsätzliche Frage stellen müssen: Erleidet der Überseemarkt für thermische Kohle nun einen strukturellen Niedergang? Oder ist dies nur der tiefste Punkt eines Superzyklus?

Vieles davon hängt mit China zusammen, wo wiederum eine sinkende Nachfrage überraschen kann. Investiert ein Unternehmen in Erwartung eines Aufschwungs des Exportmarkts für Kohle Kapital, liefert sich dieses dem Spielraum zwischen den Nachfragekurven aus.

Wir haben jüngst ein Papier zu diesem Thema veröffentlicht, das sich auf den US-Markt für thermische Kohle konzentriert. Es kommt zu dem Schluss, dass ein Zusammenspiel von Faktoren, einschließlich der Konkurrenz anderer Energiequellen und der sich vermehrenden Gesetzgebung zum Kampf gegen Verschmutzung, Zeichen für die Unwahrscheinlichkeit sind, dass dieser Sektor sich jemals erholen wird.

Unabhängig davon, ob die derzeitigen niedrigen Preise für Öl und Kohle bestehen bleiben oder sich erholen, müssen Investoren und Unternehmen ihre Lektion lernen und sie in anhaltende Veränderungen der Sichtweise ihrer Investitionspraxis in fossile Brennstoffe verwandeln.

Würden die Märkte auf die Risiken aufmerksam gemacht (beispielsweise durch unsere tiefgreifenden Analysen), anstatt für die Finanzierung von kostenintensiven Projekten im Bereich fossiler Brennstoffe verwendet zu werden, könnte nun Kapital umgeleitet werden, um saubere, sichere und leistbare Energiequellen zu entwickeln und die Entwicklung von kostengünstigerer, sauberer Energie zu beschleunigen.

Und es besteht durchaus Nachfrage: Investorengruppen fordern die „saubere Billion“ – eine zusätzliche Billion $ pro Jahr für saubere Energie, wie es von der IEA empfohlen wird.

Wir wissen, wir können nicht alles verheizen. Beginnen wir mit der Ermächtigung von Investoren wie du und ich, um die klimaschädlichsten und wirtschaftlich kostspieligen Unternehmungen herauszufordern, bevor es zu spät ist.

Wenn der Markt und die Unternehmen eine korrekte Einpreisung der Risikoprämie für fossile Brennstoffe vornehmen, werden gleiche Bedingungen für Business-as-usual-Investitionen in fossile Brennstoffe und die Finanzierung eines grünen Klimas geschaffen und uns wird die Möglichkeit gegeben, den Kreis zu durchbrechen.

Anthony Hobley ist CEO von Carbon Tracker mit Sitz in London.

Read the first blog: ‘Unlocking funding for a vital low-carbon future’

Read the third blog: ‘When does the “carbon bubble” become a systemic risk?’

Read the fourth blog: ‘Are regulators prepared if the market misreads climate risk?’

 

Watch here the short video interview to Carbon Tracker’s CEO Anthony Hobley on this topic.

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